Die Gedanken wurden schwerer, denn langsam aber sicher wurde uns klar, das "es", das "Corona" wirklich passierte und überhaupt nicht einschätzbar war. Es einfach auszusitzen hätte bedeutet auf völlig unbestimmte Zeit in einem Land zu sein, das wir erst seit kurzer Zeit erkundeten und ebenfalls nicht einschätzen konnten. Was würde darüber hinaus passieren, wenn es doch einen von uns erwischte? Bis hierher hatten wir Glück gehabt, waren von Malaria und sonstigen Krankheiten verschont geblieben – aber wie stand es eigentlich um die medizinische Versorgung in Belize? Und allem voran, was ist, wenn es jemand aus unseren Familien und Freunden erwischt und wir hilflos am anderen Ende der Welt sitzen, nichts tun können und nicht mal mehr zurück nach Deutschland kommen? Wahrscheinlich war das der ausschlaggebende Gedanke, der zu einer Entscheidung führte. Der schwersten Entscheidung seit der, diese ungewisse Reise überhaupt anzutreten. In Belize fühlte sich nach wie vor alles sicher an, unbeschwert und frei. Während Deutschland und Europa bereits Hotspots waren. Wir entschieden zurück zu kehren, überlegten es uns 5 Minuten später wieder anders, nur um weitere 5 Minuten später wieder alles in Frage zu stellen. Es fühlte sich richtig und gleichzeitig absolut falsch an. Wir schauten einfach mal nach Rückflügen...
Von Belize aus gab es eigentlich nur Flüge über die USA. Alles andere war entweder nicht bezahlbar oder hätte ewig gedauert – aber wollten wir in den USA auf die Gefahr hin umsteigen, dass wir dann dort stranden und nicht weiterkämen? Wenn es nicht anders geht, dann eben so. Aber warum war denn für die kommende Woche kein Flug mehr verfügbar? Okay, der einzige, der sich buchen lies, war in 3 Tagen. Dann eben den. Gebucht. Und damit entschieden. Es fühlte sich gut an – auch wenn es nur deshalb war, dass wir eine Entscheidung getroffen hatten.
Ab an den Strand. Einfach so viel Zeit wie möglich dort verbringen, wo die Welt noch in Ordnung war und wir uns gut fühlten. Nochmal alles einatmen und aufsaugen und zum ersten Mal richtig begreifen, wie glücklich wir im vergangenen Jahr waren und wie dankbar dafür, dass wir das alles erleben konnten und damit einfach weiter wegschieben, was immer näher kam: das Ende unserer Reise.
Um rechtzeitig am Flughafen zu sein, mussten wir eine 3 stündige Fahrt mit einem Taxi bewältigen. Wir wurden direkt an den Flughafen gefahren ohne nochmal einen Umweg durch Belize City fahren zu müssen. Der Fahrer war so lieb und wartete noch darauf, dass wir ihm grünes Licht gaben, weil unser Flug wirklich noch abfliegen sollte. Der Flughafen war überfüllt mit Menschen und für den Sicherheitsabstand, den man eigentlich hätte einhalten sollen, war schlichtweg kein Platz. Wir erfuhren dann auch warum das alles so war und wir an keinem anderen Tag einen Flug hätten buchen können: Belize schloss am kommenden Tag die Grenzen und stellte den Flugverkehr ein. Es war also wirklich die letzte Chance zur Ausreise. Gleichzeitig bekamen wir um uns herum mit, dass Leute, die in oder über die USA reisen wollten, nicht mehr abfliegen durften, weil die USA die Einreiseerlaubnis, also das online beantragte ESTA, aberkannt hatte. Daher standen auch wir mit weichen Knien am Schalter – und hatten Glück.
Wir saßen schon im Flieger, als uns der Kapitän in einer Durchsage davon in Kenntnis setzte, dass wir nicht mehr über Newark, was direkt neben New York liegt, fliegen dürften, weil der Flughafen nun geschlossen sei. Aber er würde uns irgendwo anders in die USA fliegen, meinte er noch. Das war der Moment, in dem wir dann einfach wieder aussteigen und zurück in unseren kleinen Bungalow wollten. Endlose 5 Minuten später, in denen wir uns überlegten, wie wir wieder aus dem Flugzeug raus kommen, kam die Durchsage, dass wir nun doch wie geplant Newmark anfliegen wurden. Na immerhin, dachten wir. Denn von dort aus ging unser Flug weiter nach Brüssel – wenn er denn ging. Aber auch das verlief ziemlich reibungslos, wenn auch etwas stressig mit unter einer Stunde Umsteigezeit und hochmotivierten Zollbeamten, die das Gepäck erneut genaustens inspizierten.
Für den Langstreckenflug bis Brüssel hatten wir ziemlich gemütliche Sitze und eine Flugbegleiterin, die sich ausschließlich um uns kümmerte – irgendwie hatten wir beim Check-in Premium Plus auswählen können, was eigentlich gar nicht auf unserem Ticket stand.. aber man darf schließlich auch einfach mal eine Glückssträhne haben, wenn schon alles andere scheiße läuft. Nach einer doch zu kurzen Nacht im Flieger kamen wir in Brüssel an – und waren so ziemlich die einzigen Menschen, die sich in dem Geisterflughafen aufhielten. Was für ein surreales Bild.. Nahezu alle Flüge ab Brüssel waren gecancelt.
Unsere letzte Etappe konnten wir dank sehr nettem Personal von United Airlines noch auf einen früheren Flug umbuchen und so schafften wir es nach Frankfurt, wo für uns ein Abholservice organisiert worden war – mit gekühltem Tannenzäpfle, das uns die Heimat angekündigte und sicherlich noch nie so gut geschmeckt hatte.
Dann mussten wir erstmal wieder ankommen.
Die Fortsetzung folgt.
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