Una Una ist eine fast kreisrunde Insel die etwas abseits der restlichen Togian Inseln liegt und genau genommen ein aktiver Vulkan ist (letzter Ausbruch war 1983). Das klang nach Abenteuer, da wollten wir hin! Wie viel Abenteuer uns aber tatsächlich erwartet, war uns noch nicht klar, als wir in Wakai am Hafen in der Sonne brutzelten und gemeinsam mit zwei weiteren Reisenden und Emiel, dem Besitzer unserer Unterkunft „Pristine Paradise“ auf das Boot warteten, das uns zur Insel bringen sollte.
Die letzten Wochen in Indonesien und besonders die 4 Tage in Singapur waren sehr ereignisreich, wir hatten uns vieles angeschaut, sind viel gereist, waren Surfen und Tauchen – daher wollten wir auf den Togians einfach mal wieder etwas Ruhe einkehren lassen und nichts tun. Wenn man es genau nimmt also ein bisschen Urlaub vom Reisen nehmen. Da hatte der nigelnagelneue Motor unseres Bootes (besser gesagt Bötchens) aber einen anderen Plan für uns. Als wir etwa dreiviertel der 2-stündigen Fahrt hinter uns gebracht hatten, ging der nämlich aus und wollte auch partout nicht mehr anspringen. Leider war auch kein Ersatzmotor mit an Bord und noch mal kurz zur Erinnerung: auf den Togian Inseln hat man keinen Empfang. Da trieben wir also im Wasser während der Wellengang unseren Mitreisenden und Tom ganz schön auf den Magen schlug. Die erste halbe Stunde der Seenot war noch ganz amüsant, Emiel hatte seine Sim-Karte in das einzige Nokia Handy an Bord eingebaut, wo er auch tatsächlich noch etwas Netz von Wakai bekam. Die guten alten Nokias haben eben immer noch die besten Antennen! Er rief in der Unterkunft an und gab Bescheid, woraufhin wir wussten, dass ein Boot zu uns unterwegs war. Eine Stunde später waren wir uns jedoch nicht mehr so sicher, denn vom Boot fehlte jede Spur, dabei hätte es schon längst an uns vorbei fahren sollen. Der Kapitän hing schon seit einer ganzen Weile am Ausleger des Bootes im Wasser, um dem Geschaukel entgegen zu wirken, während der Rest von uns etwas ängstlich die bereits untergehende Sonne betrachtete.
Nach einem erneuten Durchkommen bei der Unterkunft war klar, dass uns das Boot nicht gefunden hatte. Aber was war das, da war doch ein Schiffsmotor zu hören? Ja, da kam in einiger Entfernung tatsächlich ein anderes Boot vorbei, das war aber auch höchste Zeit, denn viel Zeit bis zum Sonnenuntergang war nicht mehr. Schnell eine Schwimmweste an einen hohen Bambusstab geknotet und heftig damit gewedelt, so müssten wir auf jeden Fall zu sehen sein. Ein bunter Regenschirm ließ sich auch noch finden und so standen zwei von uns schreiend und winkend vorne an Bord, während sich der Rest von uns sicher war, dass es nun endlich zur Unterkunft gehen würde… aber vergeblich. Ohne jegliche Kenntnisnahme fuhr das Boot einfach an uns vorbei, bis es am Horizont verschwand und mit ihm die Hoffnung. Die Sonne war bereits vor uns hinterm Vulkan verschwunden und es wurde minütlich dunkler. Ein Blick ins Bötchen und uns war klar, dass eine Nacht hier alles andere als gemütlich werden sollte, zudem wurden die Wellen immer größer und es ging ordentlich Wind. Tom hatte bereits unfreiwillig die Fische gefüttert, als er vorsorglich schon mal eine unserer Taschenlampen aus dem Rucksack fummelte. Falls sich nun jemand fragt, warum wir keine Leuchtpistole abgefeuert haben: das mag in Europa zur Standardausrüstung gehören, wir befanden uns aber in Indonesien. Da waren wir also nun… ein frierender und zitternder Kapitän im Wasser um das Boot zu stabilisieren, Milou aus den Niederlanden die Reisetabletten austeilte, Nico aus Italien, der unsere Koordinaten auf seinem Kompass beobachtete, Emiel der beim Versuch nochmal Netz zu bekommen immer noch absolute Ruhe bewahrte, wir beide am Taschenlampen suchen und der Skipper, der schon recht panisch drein schaute. Das lang aber wohl daran, dass Indonesier die Nacht generell fürchten – das haben wir aber erst später erfahren. Dem Kapitän reichte es, er war sichtlich durchgefroren und so krabbelte er zurück an Bord, nahm die Verdeckung des Motors ab und seine Machete zur Hand. Was er da in den nächsten 10 Minuten mit seiner Machete am Motor rumgewerkelt hat entzieht sich unserer Kenntnis, es ist aber auch völlig egal, denn auf einmal hörten wir den Motor wieder gluckern und das war alles, was zählte. Es war mittlerweile dunkel und wir einfach nur heilfroh, dass wir nun wieder auf die Küste zusteuernden und nach einer halben Stunde Fahrt durch die rabenschwarze Nacht (wir hatten Glück, es war nämlich auch noch Neumond) kamen wir heile am Bootsanleger an, wo bereits alle auf uns warteten. Oh wow. Erstmal Bier.
Danach gab’s Abendessen und dann Bett. Das war erstmal genug Abenteuer für einen Tag. Trotz Erschöpfung sind wir aber beide mitten in der Nacht noch mal aufgewacht, weil draußen ein ganz schöner Sturm war und die Wellen über die Mauer peitschten. Das ist wirklich noch mal gut gegangen.
Am nächsten Morgen sah die Welt auf Una Una wieder ganz anders aus. Die Sonne strahlte, das Meer hatte sich beruhigt und wir saßen gut gelaunt mit den anderen am Frühstückstisch. Es herrschte eine tolle familiäre Atmosphäre und wir kamen mit Erik und Dani ins Gespräch, einem Pärchen, das die hauseigene Tauschschule führte. Die beiden waren uns von Anfang an sehr sympathisch und da die anderen Gäste so von den tollen Tauchspots direkt vor Una Una schwärmten, liebäugelten wir schon mit dem ein oder anderen Tauchgang. Aber erstmal wollten wir zumindest 2 Tage entspannen und nichts tun. Das haben wir dann auch ganz gut hinbekommen.
So ganz ohne Internet und völlig abgeschieden von der restlichen Welt, saßen wir mit den anderen am Tisch, spielten den ganzen Tag Brettspiele oder Billard, unterhielten uns über Gott und die Welt, lagen in der Hängematte oder kraulten den Welpen „Spooks“ (übrigens der 3. Welpe auf unserer Reise, den Sabrina heimlich in den Rucksack packen und mitnehmen wollte).
Es gab drei Mal täglich leckeres Essen und abends wurde der ein oder andere Arak getrunken, ein selbstgebrannter Schnaps, der aus dem Dörfchen auf der Insel besorgt wurde.
Nach 2 Tagen wollten wir nicht mehr nur zuschauen, wie morgens die Tauchboote losfuhren, sondern selbst mal untertauchen. Da es aber so viele tolle Tauchspots zu entdecken gab, beschlossen wir nicht einfach nur so ein paar Tauchgänge zu machen, sondern es gleich mit einer weiteren Zertifizierung zu verbinden: dem Advanced Open Water, der uns dazu berichtigt bis 30 Meter in die Tiefe zu tauchen (davor waren es maximal 18 Meter). Wir bekamen also unsere Bücher für die Theorie und sprangen am 3. Tag morgens schon ins Wasser, um unseren ersten tiefen Tauchgang zu machen. Uns wurde definitiv nicht zu viel versprochen, es war wunderschön am „Pinnacle 1“. So schön, dass wir unsere Tauchcomputer nicht so ganz im Auge behalten haben, weshalb es ein kleines bisschen mehr als 30 Meter wurden… ups.
Der Tauchgang bis zu 30 Meter ist genauso wie die Navigation für den Advanced Tauchschein vorgeschrieben. Dazu kann man sich aus den unterschiedlichsten Kategorien 3 weitere aussuchen. Wir haben uns für „Buoancy“ also Übungen zum Auf- und Abtrieb, „Fish Identification“ um endlich zu wissen, wie die ganzen Fische so heißen und den Nachttauchgang entschieden. Dazu gab es dann jeweils ein Kapitel im Buch vorzubereiten und anschließend ging es zum Tauchgang. Am zweiten Tag machten wir gleich 2 Tauchgänge an den zwei außergewöhnlich schönen Spots „Apollo“ und „Hong Kong“. Hong Kong hat seinen Namen übrigens daher, dass unter Wasser ungefähr so viel los ist, wie auf Hong Kongs Straßen. Es waren so viele unterschiedliche Fischschwärme zu sehen, dass der Name auf absolut passend ist. Wir waren aber nicht nur zum Fische schauen und identifizieren hier, sondern auch, um ein bisschen unsere Schwerelosigkeit unter Wasser zu üben.
Am dritten Tag wurde es für Tom geradezu heimelig, denn unser erster Tauchspot hieß „Black Forest“, wo die Korallenformationen an den Schwarzwald und die vielen Nadelbäume erinnern. Ein sonderbarer und faszinierender Ort, der sich ebenfalls gut dazu eignete ein bisschen Navigationstraining zu machen.
Mit Kompass am Arm mussten wir hier ein Quadrat tauchen, während uns Erik an der Sauerstoffflasche festhielt um sicher zu stellen, dass wir auf derselben Höhe bzw. Tiefe tauchen.
Von dort aus ging es weiter zu Wall-E, einer Steilwand, die übersät war mit den unterschiedlichsten Korallen und Fischen und wirklich toll anzuschauen war.
Der aufregendste aller Tauchgänge sollte uns an diesem Tag noch bevor stehen, dazu mussten wir aber warten, bis es dämmerte. Wir fanden beide die Vorstellung nachts zu tauchen immer irgendwie unheimlich und gleichzeitig auch nicht spannend genug, weil man ja nicht so viel sieht. Die Wartezeit verbrachten wir mit schnorcheln am Hausriff - hier sollte später auch der Nachttauchgang stattfinden.
Dann ging es wieder ans Hausriff. Dieses mal aber mit Tauchausrüstung und wir wurden eines besseren belehrt. Man sieht nachts einfach nur andere Tiere, während man den Fischen beim Schlummern in den Korallen zuschauen kann. Wir haben Lionfischen beim Jagen zuschauen können und Hermitkraben beim über den Sandboden tänzeln. Außerdem war jede Menge Kleingetier unterwegs, das man sich aus der Nähe anschauen konnte. Nachts tauchen zu gehen rockt auf jeden Fall!
Vor allem wenn man zum Abschluss seine Taschenlampe abdunkelt, wie wild mit den Armen fuchtelt und plötzlich das Plankton leuchten sieht. Einfach herrlich! Wir hatten damit unseren Advanced Tauchschein bestanden (Danke Erik und Dani, es hat unheimlich viel Spaß gemacht!) und waren bereit, das auch ein bisschen zu feiern. Leider waren die anderen Gäste, während wir fleißig am Lernen waren, fleißig am Trinken, weshalb wir die letzten beiden Biere aus dem Kühlschrank zogen. Das machte aber absolut nichts, die Stimmung war wie immer großartig und wir saßen noch lange am Pier unterhielten uns und freuten uns, dass die (Unterwasser-) Welt so großartig ist.
Der darauffolgende Tag war bereits unser letzter und wir mussten gegen Mittag das Inselchen wieder verlassen, weil wir eine andere Unterkunft auf einer anderen Insel im voraus gebucht hatten. Aber wir konnten natürlich nicht abreisen ohne??? Genau! Uns den Vulkan angeschaut zu haben. Gemeinsam mit den 3 Jungs Nico, Max und Alex, die auch in unserer Unterkunft waren, machten wir uns also auf den Weg ins letzte Abenteuer auf Una Una. Jeder hatte seinen eigenen Motorrad/-Rollerfahrer und so ging es im rasanten Tempo auf schmalen Straßen durch den Dschungel zur anderen Seite der Insel.
Nach der halbstündigen Fahrt kamen wir an einem Flussbett an, von wo aus es zu Fuß weiterging. Vorbei an karger Landschaft und durch üppigen Dschungel. An Flussläufen entlang, die giftig grün und orange strahlten, merkten wir, dass das Wasser im Fluss mit jedem Meter heißer wurde, bis es neben uns dampfte.
Nachdem wir einen kleinen Wasserfall überquert hatten, konnten wir den Krater endlich sehen.
Es spritzten die Geysire, es roch nach Schwefel und wir wurden immer wieder in Dampfwolken gehüllt – da standen wir also, deutlich näher als es irgendwo in Europa möglich gewesen wäre, nämlich mittendrin! Unglaublich! Sabrina blieb schon kurz der Mund offen stehen, denn sie war vorher noch nicht mal in der Nähe eines Vulkans gewesen.
Ein tolles Erlebnis und eine tolle Zeit auf Una Una gingen zu Ende. Uns fiel es wirklich schwer uns von Emiel, Erik, Dani, Milou, Nico, Lydia, Max, Alex, Kim und Spooks zu verabschieden. Wir haben die Menschen und diesen Ort in den 6 Tagen sehr lieb gewonnen. Wir stiegen also schweren Herzens aufs kleine Boot und waren sehr gerührt, als uns auf dem Pier zum Abschied noch lange gewunken wurde.
Warum man sich aber immer zwei Mal trifft und was die nächste Insel so bereit hält gibt’s hier.
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