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AutorenbildTom

#68 Das tägliche Leben in Papua Neuguinea

Neben den vielen außergewöhnlichen Erfahrungen wie der Goroka Show oder der Auslieferung der Bienenkästen in die Provinz Simbu, erleben wir hier vor allem eines: das tägliche Leben. Da es sich so sehr von dem unterscheidet, wie wir leben und was wir bisher auf unserer Reise erlebt haben, möchten wir versuchen es für uns und euch zusammen zu fassen.


Beginnen wir bei den Notwendigkeiten wie Strom und fließendes Wasser, denn das ist in den Highlands, also in den Bergregionen, absolut keine Selbstverständlichkeit. Kleine Dörfer sind meistens in der Nähe der vielen Wasserfälle angesiedelt und Strom gibt es schlichtweg keinen. Hier im südlichen Randbezirk von Goroka, in dem wir lebten, gibt es beides. Auf dem riesigen Grundstück von Kelly ragen in der Nähe der beiden Feuerstellen zwei Wasserhähnen aus dem Boden. Hier wird gespült, sich die Finger gewaschen und Wasser zum Kochen geholt. Gewaschen wird in einer Schüssel von Hand.

Auch wenn es Strom gibt, wird hier in einem großen Topf auf Feuer gekocht. Gekocht wird zur Nahrungsaufnahme. Es geht weder darum, besondere kulinarische Köstlichkeiten zu zaubern, noch darum, die Familie an einem Ort zu versammeln und bei einem gemeinsamen Essen über den Tag zu sprechen. Wer gerade verfügbar ist, kümmert sich um die Zubereitung und gegessen wird, wo gerade Platz ist, auf der Wiese, auf einer der Bänke oder am kleinen Tisch neben der Feuerstelle.


Für uns gab es zwei Herdplatten im Hüttchen, auf denen wir unsere Mahlzeiten zubereiten konnten. Ein kleines Mäuschen hat uns fleißig dabei geholfen, die Essensreste weg zu (ver-)putzen. Gekocht haben wir meistens einfache Gerichte, viel Reis mit frischem Gemüse und Ei, Nudeln mit Tomatensoße oder auch einfach mal Reis mit Instantnudeln, wie man das hier so macht, wenn es schnell gehen muss.

Wir waren über den Herd sehr dankbar, denn wir wären beim Kochen auf Feuer wahrscheinlich ganz schön aufgeschmissen. Das sind wir aber auch, wenn der Strom mal ausfällt, was drei Mal während unseres Aufenthaltes passiert ist.

Einmal, weil einfach der Strom für die gesamte Region abgestellt war und zweimal weil ein Bananenbaum ins Stromkabel gekracht ist, das hier ausgehend von Kellys Haus über das gesamte Gelände in den Baumkronen hängt. Eine Sicherung gibt es dafür übrigens keine, die einzige Möglichkeit, den Strom auszuschalten ist über einen Schalter in Kellys Haus, wo das Kabel eingesteckt ist. Das haben wir herausgefunden, als es bereits stockdunkel draußen war, wir vor unseren Kochtöpfen standen und darauf warteten, dass der Reis im einen und das Gemüse im anderen fertig wurden. Das Licht flackerte ein paar Mal und auf einmal standen wir im Dunkeln, während nicht weit von unserem Hüttchen entfernt rote Flunken flogen und es ordentlich knisterte. Wir möchten nochmal kurz betonen, dass unser Hüttchen nur aus geflochtenen Bambusmatten besteht und wir dementsprechend schnell vor die Hütte gerannt sind, um zu schauen, wo es lodert und knistert. Draußen standen wir allerdings im Dunkeln und rochen lediglich, dass irgendwo etwas gebrannt haben musste. Wir holten Kelly und gemeinsam mit Doux Hilfe, wurden die zwei Kabelhälften, die der umgestürzte Bananenbaum auseinandergerissen hatte, wieder mit etwas Isolierband zusammen getüftelt. Und tada, das Licht brannte wieder und wir konnten fertig kochen.


Apropos Essen: wir haben ja nun etwas um den heißen Brei herum geschrieben, aber noch nicht in den Kochtopf geschaut. Was also isst man so Typisches in Papua Neuguinea? Wir hatten Glück und haben Fagumes 21. Geburtstag mitbekommen, wo gegrillt wurde. So richtig dabei waren wir aber leider nicht, denn wir hatten uns beide eine ordentliche Erkältung eingefangen und uns daher den ganzen Tag nicht aus dem Bett bewegt. Bereits morgens wachten wir mit Kopf- und Gliederschmerzen auf, die Nase lief, es wurde gehustet und wir waren nicht fit genug, um mit ihr zu feiern. Eigentlich wird der Geburtstag in Papua Neuguinea nicht groß gefeiert, hatte uns Kelly erzählt, da es aber der 21. Geburtstag war, durfte Fagume ein paar Freundinnen einladen, mit denen gemeinsam gegrillt wurde. Als wir uns aus dem Hüttchen raus bewegten, um zumindest kurz Hallo zu sagen und frisches Zitronengras aus dem Garten zu holen, um uns einen Tee zu kochen, rannte Kellys Frau Fanta schnell ins Haus und streckte uns einen Teller mit Essen entgegen, den sie für uns reserviert hatte.

Es duftete köstlich nach im Feuer gebackenen Süßkartoffeln, dazu gab es eine große Gurke, die es in Hälften geschnitten auch auf den Märkten als Snack zwischendurch zu kaufen gibt, etwas Salat, gegrilltes Hühnchen und Würstchen. Wir hatten das ein oder andere Mal erwähnt, dass wir uns seit ein paar Wochen fleischlos ernähren, aber Fleisch zu essen, ist hier etwas Besonderes und daher haben auch wir nach langer Zeit beim Gegrillten zugelangt. Es war sehr sehr lecker! Zum Nachtisch gab’s für jeden noch eine „Zuckerfrucht“, die wir schon ein paar Tage zuvor auf dem Markt entdeckt und probiert hatten. Diese Frucht ist wirklich spannend, die äußere Schale ist so dünn und hart, dass es beim Schälen an ein Ei erinnert, während man anschließend eine weiße weiche Schicht weg pult, die zwar deutlich fester ist, sich aber trotzdem wie das Innere von einem Schokokuss anfühlt. Dann gelangt man zu den Kernen, ordentlich eingereiht wie in einem Granatapfel aber von der Konsistenz her mit einer Passionsfurcht zu vergleichen. Der Geschmack ist sehr süß, weshalb sie ihren Namen absolut zurecht trägt.

Das war sicherlich ein Festtagsgericht, denn was wir normalerweise mitbekommen ist ein großer brodelnder Topf Reis auf dem Feuer. Als wir eines morgens in die Stadt gegangen sind, um einzukaufen, fragten wir Fanta, ob wir ihnen etwas mitbringen können. Das erste, das bestellt wurde, waren zwei Packungen Reis, definitiv das Grundnahrungsmittel hier. Dazu wurden ein paar Packungen Instant-Nudeln und einige Dosen Thunfisch geordert. Das hatten wir bereits bei der Auslieferung der Bienenkästen in Simbu als Abendessen bekommen: eine ordentliche Portion Reis, darauf eine ordentliche Portion Instant-Nudeln und darauf angebratener Thunfisch aus der Dose. Ein einfaches Gericht, das satt macht.

Das ist sicherlich kein traditionelles Gericht, ebenso wenig wie das „Fast-Food-Frühstück“ wie Fagume es bezeichnet, das es an den vielen kleinen Ständen auf der Straße gibt. Gemeint sind in Fett ausgebackene Teigbällchen und Donuts, mal mit Weizen- oder Vollkornmehl, mal mit Maismehl, die man für umgerechnet 15 Cent kauft. Fagume erklärte uns, dass es schneller geht und um vieles günstiger ist, sich davon etwas zum Frühstück zu holen, als selbst Reis zu kochen. Das haben wir uns natürlich nicht entgehen lassen und mit ein bisschen Mountain Honig, war es absolut lecker. Was es zu jeder Tageszeit an den Ständen gibt, sind gegrillte Süßkartoffeln und gegrillte Bananen.

Auf den kleinen Straßenmärkten findet man darüber hinaus auch so genannte „Englische Kartoffeln“, die wohl die Briten nach Papua Neuguinea gebracht haben und die festkochend sind. Kohl, Karotten und Zwiebeln sind ebenfalls überall zu bekommen. Auf dem zentralen Markt in Goroka ist die Auswahl noch größer: es gibt Garn für die bunten Bilums (gestrickte Taschen), Küchenzubehör und weitere Gemüsesorten wie Broccoli und Kürbis, jede Menge Erdnüsse, kleine Erdbeeren und das beste von allem: riesengroße Avocados. Wir haben noch nie in unserem Leben so leckere Avocados gegessen. Es gibt zwei unterschiedliche Sorten, die eine ist cremiger, die andere fester – wir lieben sie beide.

Auf dem Markt in Goroka wird aber nicht nur Essen verkauft, sondern auch Kleidung. Alles was die Menschen hier tragen ist entweder mit bunten Mustern und selbst genäht, oder aus dem Secondhand-Laden. Es gibt zumindest in Goroka kein einziges „Modegeschäft“, dafür aber eine riesige Lagerhalle voller Secondhand-Kleidung, die wohl größtenteils aus Australien kommt. Wer sich nicht selbst durch die viele Kleidung wühlen will, kann auf dem Markt für einen höheren Preis bereits gut ausgesuchte Stücke kaufen, was meistens Markenkleidung ist. Auch offensichtliche Werbegeschenke werden gerne getragen, so kann es auch passieren, dass jemand mit Turnschuhen mit „Heineken“-Print vorbei läuft oder ein T-Shirt von einem Tourenanbieter aus Bali trägt. Mota, einer der Mitarbeiter von Kelly hatte uns erzählt, dass das einzige, wofür er und seine Familie Geld brauchen, Seife, Salz und Kleidung sei. Alles andere würden sie selbst im Garten anbauen.


Überwiegend leben die Menschen hier also von dem, was auf dem eigenen Grundstück wächst. Dazu gehören Bananen, Mais, Bohnen und Gurken aber auch für uns ganz neue Arten wie Baumtomaten, Tarowurzel, Gufie Beere (das kleine rote in der Hand), die Pandanuss (längliches Gebilde im letzten Bild) und vieles mehr. Bedingt durch das wärmer werdende Klima wächst hier auf 1500m mittlerweile sogar Kakao.

Das traditionelle Zubereiten des Essens in einem Bambusrohr haben wir leider nicht ausprobieren können, haben die Bambusstangen auf dem Markt gesehen.

Kokosmilch macht man hier ebenfalls selbst um Soßen oder Suppen einzudicken. Kokusnüsse wachsen in den Bergen nicht, dafür umso mehr in der Küstenregion und sind daher einfach zu bekommen. Erst wird die Kokosnuss geöffnet, dann das Fleisch heraus gehobelt, wozu es hier an kleinen Holzhockern extra einen Schaber gibt, dann wird es mit Wasser aufgekocht, ausgewrungen und gesiebt.

Es ist auf jeden Fall weniger mühsam mit dem zu kochen, was man um die Ecke hat, denn Einkaufen gehen ist sehr anstrengend. Schon um von einem der Randbezirke nach Goroka rein zu kommen, bedeutet einen über 20minütigen Fußmarsch und eine anschließende Busfahrt für weitere 10 bis 15 Minuten – oder volle 45 Minuten laufen, wenn man sich, wie viele hier, den Bus in die Stadt schlichtweg nicht leisten kann.

Die einzigen wirklichen Verkehrsrouten befinden sich zwischen den großen Städten Goroka und Mount Hagen, mit den Küstenstädten Lae und Madang. Nach und von der Hauptstadt Port Moresby weg, gibt es keinen Landweg und die Menschen müssen entweder viel Geld für einen Inlandsflug ausgeben, oder einfach laufen – 9-10 Tage lang von Goroka aus. Ansonsten führen „Highways“ durch die Berge, bis an die Küste. Teilweise asphaltiert, teilweise Schotterstraße. Der Weg von A nach B ist dabei nicht nur beschwerlich, sondern auch gefährlich. Auf einigen der Strecken kommt es zwar selten aber trotzdem regelmäßig zu Überfällen. Das ist auch der Grund dafür, dass wir entschieden haben, in Goroka und im Umland zu bleiben und keinen Ausflug an die Küste zu machen. Gerne hätten wir nicht nur das Leben in den Bergen sondern auch am Meer gesehen, das wir schon sehr vermisst haben. Die einzige sichere Möglichkeit für uns an die Küste zu kommen, wären aber zwei Flüge: einmal von Goroka nach Port Moresby und von dort aus nach Madang. Da wir aber in letzter Zeit viel zu viel aufs Fliegen ausweichen mussten und die Flüge darüber hinaus auch noch viel zu teuer sind, blieben wir, wo wir waren.

Und wenn wir schon bei den umweltschädlichen Themen angekommen sind, können wir auch gleich noch über den Müll reden. Denn eine Müllabfuhr gibt es hier keine. Die einzige Möglichkeit besteht also darin, den Müll zu verbrennen. Auch wenn wir bereits sehr darauf achten, was in den Einkaufswagen wandert, ist man gegen in Plastik verpackten Reis und Nudeln einfach nicht gewappnet. Und dann steht man da und atmet verbrannte Plastikpartikel ein, während man sich fragt, warum es nicht schon längst Alternativen zu diesem Scheiß gibt. Wir wünschen es keinem, aber sind uns sicher, dass jeder, der einen Müllbeutel einfach mal verbrennt, noch bewusster auf Verpackungen achten wird. In der Stadt stehen übrigens auch keine Mülltonnen rum, sondern mit der Zeit bilden sich überall kleinere und größere Haufen, die dann von LKWs mit ein paar Jungs mit Schaufeln eingesammelt werden, aus der Stadt rausgefahren und dann: genau, verbrannt.. Lediglich Aludosen werden herausgefischt, auf der Straße von Fahrzeugen platt gedrückt und für ca 50 Cent pro Kilo verkauft. .


Im kommenden Artikel wird es dann schon Zeit, Papua Neuguinea auf Wiedersehen zu sagen – aber natürlich nicht, ohne eine anständige Abschiedsfeier.

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