Da saßen wir, bereit zur Abreise. Aber natürlich hatte unser Flug über eine Stunde Verspätung und unsere Nerven sollten noch etwas länger angespannt sein. Dann ging es endlich los, über die Küste von Cairns und Teile des Great Barrier Reefs.
Es war uns mehr als recht, dass die Reise startete denn der erste Flug brachte uns zuerst in die Hauptstadt Port Morsby, wo wir ursprünglich mal 2 Stunden Aufenthalt gehabt hätten, was sich nun auf eine Stunde reduzierte. Beim Einchecken unseres Gepäcks wurde uns gesagt, dass das Gepäck zwar durchgecheckt ist, wir es aber dennoch in Port Morsby am Flughafen abholen mussten, damit durch die Zollkontrolle gehen und es anschließend wieder am Schalter abgeben mussten. Eigentlich wollten wir auch noch Geld holen und uns eine Sim-Karte besorgen. Beim Landeanflug hatten wir also nicht nur die Aussicht, sondern auch die Uhr im Blick.
In Port Morsby angekommen, ging alles sehr schnell. Wir konnten gar nicht richtig realisieren, dass wir tatsächlich da sind, da standen wir auch schon an der Passkontrolle und beantworteten alle Fragen, die uns gestellt wurden. Wann wir wieder ausreisen, wollten sie wissen und warum wir da sind. Dann gab es das kostenlose Visa in unsere Ausweise und am Gepäckschalter warteten schon unsere Rucksäcke auf uns. Damit mussten wir aber erstmal durch den Zoll und da wir auf dem Einreiseformular angeben mussten, dass wir Nahrungsmittel dabei haben, wurde auch der Inhalt unserer Rucksäcke nochmal inspiziert. Wir hatten nichts dabei, was nicht erlaubt gewesen wäre und so konnten wir nach einem kurzen Stopp weiter. Auch wenn der Flughafen nicht sehr groß ist, war es doch verwirrend und ziemlich unklar wo wir hin mussten da es kaum ein Hinweisschild gab und das Boarding für den nächsten Flug hatte bereits begonnen. Wir riefen jedem „Goroka“ zu, als wir durch den Flughafen hetzten und wurden aus dem internationalen Terminal raus in das Domestic Terminal rein gelotst, mussten dabei gefühlt 100 Sicherheitskontrollen passieren und holten in aller Eile noch etwas Geld am Automaten, verzichteten aber auf die Sim-Karte und standen endlich am Gate. Außer uns waren alle schon im Flugzeug, wir waren also die letzten Nachzügler, aber noch rechtzeitig. Das wäre also geschafft. Der Flug über das Hochland von PNG war wirklich schön.
Dann kamen wir an unseren Endziel an, der immerhin 4. größten Stadt des Landes: Goroka. Wir holten aufgeregt unser Gepäck ab, verließen das Terminal und sahen: niemanden. Also, da waren schon viele Menschen, aber es schien niemand unter ihnen zu sein, der uns abholen wollte. Kelly hatte uns am Tag zuvor noch geschrieben, dass er einen Mitarbeiter schickt, der uns abholt. Wir hatten ihn nach einer Adresse gefragt und das war die Antwort gewesen. Nun standen wir also da, ohne Adresse, ohne Sim-Karte und ohne Möglichkeit Kelly anzurufen. Wir verließen das Flughafengelände und gingen in einen kleinen angrenzenden Bereich, wo wir etwas planlos rum standen und hoffnungsvoll Ausschau hielten. Es lichtete sich langsam, die Menschen wurden weniger und wir standen immer noch rum. Dann kam ein freundlicher älterer Herr auf uns zu, der uns fragte, wo wir hin wollen, dass er auch gerade gelandet sei und mit seiner Familie nach Hause fahren würde und uns mitnehmen könnte. Leider hatten wir aber keine Ahnung, wohin. Danach kamen erneut zwei Männer auf uns zu, mit denen wir ins Gespräch kamen. Sie stellten sich als „Mudmans“ vor und gehörten zu einem der Stämme, über die wir bereits vieles gelesen hatten. Die Mudmans zeichnen sich durch ihre großen Masken aus, die sie aus Lehm herstellen, dazu wird der Körper mit Lehm bedeckt. Vor uns standen sie allerdings in Jeanshosen, T-Shirt und Sandalen. Wir redeten eine Weile und erfuhren, dass sie versuchen ihr eigenes Business aufzubauen und daher am Flughafen auf Touristen warten, um ihnen von ihren Touren zu erzählen. Sie erklärten uns auch, dass Touristen bei den diversen Reiseanbietern viel Geld bezahlen, um ihr Dorf zu besichtigen, dass im Dorf und beim Stamm aber nur ein winziger Bruchteil des Geldes kleben bleibt. Sie wollten also versuchen, die Mittelsmänner, also die ansässigen Agenturen zu umgehen und selbst mit ihrer Tradition und ihrer Lebensweise Geld zu verdienen. Wir redeten und warteten und die erste Stunde war bereits vergangen und es war immer noch keine Spur von irgendjemandem, der auf der Suche nach uns war. Die beiden Mudmänner Max und John riefen für uns auf Kellys Handy an, aber es nahm niemand ab. Sie versprachen uns, so lange bei uns zu bleiben, bis Kelly kam, denn sie wussten, dass die erste Ankunft für Touristen in PNG etwas überfordernd sein kann. Nach einer weiteren halben Stunde im abgegrenzten Gebiet neben dem Flughafen fragten wir, wo wir eine Sim-Karte kaufen könnten, um selbst versuchen zu können, Kelly zu erreichen. Max zog gemeinsam mit Tom los, während Sabrina mit John weiter wartete und sich über den Lonely Planet unterhielt. John hatte herausgefunden, dass die meisten Touristen ihre Touren über die im Lonely Planet angegebenen Adressen buchten und da sie im Dorf nicht wussten, was das ist, hatte er sich auf die Suche gemacht und einen Lonely Planet der USA gefunden, um ihn im Dorf zu zeigen und zu erklären, was das ist. Er wollte, dass sie im Lonely Planet von PNG erscheinen, wie man das anstellt, war ihm allerdings nicht klar. Er fragte, was Tom und ich beruflich machen, warum wir reisen und fand es sehr spannend von unserem Blog zu erfahren. Er lud uns sofort ein, kostenlos in das Dorf der Mudmänner zu kommen und eine Weile bei ihnen zu bleiben und das Leben für unseren Blog zu dokumentieren. Irgendwie online zu sein war wohl der erste entscheidende Schritt für ihn. Als Tom und Max mit einer Sim-Karte zurück kehrten, war uns auch schnell klar, warum sie das selbst nicht in die Hand nehmen konnten: die Preise für ein bisschen Datenvolumen oder auch schon telefonieren oder sms schreiben waren absolut utopisch – und das für unsere Verhältnisse, wie musste es dann erst für die Einheimischen sein. Laut Toms erstem kurzen Bericht außerhalb des umzäunten Bereichs vom Flughafen, verstanden wir auch, warum die erste Ankunft wohl sehr krass ist. Man wird wohl von jedem intensiv gemustert und die Verhältnisse waren im Vergleich zu dem, was wir auch bisher auf unserer Reise erlebt hatten, noch deutlich ärmlicher.
Wir hatten mittlerweile zweieinhalb Stunden wartend am Flughafen verbracht und langsam brach die Dämmerung an. John und Max schlugen uns daher vor, uns bevor es dunkel wird, in ein sicheres Guesthouse zu bringen, wo wir weiter warten konnten und gegebenenfalls auch übernachten, sollten wir nichts von Kelly hören. So setzten wir also unsere Rucksäcke auf und liefen mit ihnen durch die Stadt. Wir begegneten den neugierigen Blicken und dem Uns-Anstarren einfach mit einem breiten Lächeln und stellten schnell fest, dass uns nach etwas Scheu ebenfalls ein Lächeln geschenkt wurde. Die Zähne waren dabei durchgehend tiefrot, denn das Kauen von Betelnuss gehört hier wohl zum täglichen Leben dazu. Überall wurden die Früchte am Straßenrand für 50 Toea, also umgerechnet etwa 20 Cent das Stück verkauft. Hier und da wurden wir gegrüßt und so schlängelten wir uns durch die Stadt und nahmen die ersten Eindrücke in uns auf. Irgendwie ähnelte das, was wir sahen unserer Vorstellung einer Stadt in Afrika. Die roten staubigen Straßen, dazu die farbenfrohen Kleider, die getragen wurden und bunten Taschen aus Wolle, die am Straßenrand verkauft wurden – an Asien erinnerte uns hier nichts und das obwohl das indonesische Papua und PNG eine Grenze teilen.
Wir kamen in unserer Unterkunft an, bevor die Sonne untergegangen war. Uns wurde versichert, das Goroka sicher ist und man sich als Tourist bei Tageslicht auch alleine durch die Stadt bewegen kann. Wenn die Sonne untergeht, die Betrunkenen unterwegs sind und die Straßen für illegale Geschäfte genutzt werden, sollte man sich jedoch fern halten. Wir fanden bei Rita und in ihrer Nokondi Lodge ein Plätzchen, was gut war, denn Kelly sollte sich auch den restlichen Abend nicht mehr bei uns melden. Wir lernten also den Standard kennen, den man in PNG für eine Unterkunft für umgerechnet 40€ für das Zimmer pro Nacht erwarten kann. Wir hatten schon davon gelesen, es war allerdings ganz schön ernüchternd, es mit eignen Augen zu sehen. Es ging nicht so sehr um den nicht existierenden Komfort, denn wir hatten in Asien teilweise nicht viel größere oder luxuriösere Zimmer gehabt, aber dafür auch nur 5€ pro Nacht bezahlt und dabei war zumindest noch eine kleine Toilette und eine Dusche mit im Zimmer.
Das war auf jeden Fall die teuerste Übernachtung, die wir uns bisher gegönnt hatten, in einem Mini-Zimmer, in dem eigentlich nur ein Bett stand mit Laken und Bettdecken, die zwar frisch gewaschen aber voller Löcher und Flecken waren. So war das hier eben. Augen zu und durch. Wir stellten unsere Rucksäcke ab und verabschiedeten uns noch von Max und John. In der Unterkunft gab es eine Gemeinschaftsküche, die wir hätten mitbenutzen können – aber hungrig waren wir beide nicht. Wir schauten gemeinsam mit Rita und ihrer Familie noch einen Film im offenen Wohnzimmer der Unterkunft und gingen danach schnell ins Bett. Das war ganz schön viel gewesen für einen Tag. Viel Aufregung, viel Ungewissheit und viele neue Eindrücke. Kelly hatte uns in einer seiner Nachrichten bereits geschrieben gehabt: „Expect die unexpected“ und das war sicherlich keine Lüge gewesen.
Am kommenden Morgen waren wir sehr früh wach. Das Leben beginnt hier, wie in Asien, mit dem Sonnenaufgang und so hörten wir die ersten Unterhaltungen auf dem Hof und das rege Treiben auf der Straße davor. Kurz nachdem wir die Augen geöffnet hatten, kam dann auch endlich ein Anruf von Kelly. Er hatte wohl einen sehr stressigen Tag hinter sich und der, der uns vom Flughafen hätte abholen sollen, hat uns schlichtweg vergessen gehabt. Okay. Wir machten aus, uns gegen 10 Uhr morgens am Flughafen zu treffen und dann gemeinsam in sein zu Hause zu fahren. Nachdem wir ein Frühstück und Kaffee bekommen hatten, kam John in unserer Unterkunft vorbei und holte uns für einen Spaziergang durch Goroka ab. Schon auf den ersten paar Metern haben wir zwei Dinge gelernt: Dart ist hier ein sehr beliebter Sport (man muss eine vorgegebene Anzahl an Punkten werfen und bekommt eine große Flasche Cola, wenn man es schafft) und auf dem Goroka Markt gibt es alles an Gemüse, was das Herz begehrt und was man noch nicht probiert hat. Wir haben natürlich gleich ein bisschen was fürs Abendessen mitgenommen.
Wir machten eine riesen Runde und kamen auch schon mal am Gelände vorbei, wo das Goroka Festival stattfinden sollte. Hier war man noch in den Vorbereitungen und wir konnten uns anschauen, wie die Buden gebaut wurden, wo auf dem Festival Essen und Souvenirs verkauft werden sollten.
Unterwegs trafen wir dann auch Max und schlenderten anschließend mit den beiden zum Flughafen. Wie es weiterging und ob wir Kelly dieses Mal wirklich trafen, erfahrt ihr im nächsten Artikel.
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