Da kam Kelly. Er war dieses Mal wirklich gekommen, um uns abzuholen. Wir begrüßten uns und nachdem Kelly und die beiden Mudmans noch ein paar Worte gewechselt hatten, stiegen wir mit Kelly in ein Taxi und fuhren zu ihm nach Hause und damit auch in unser zu Hause für die kommenden 3 Wochen. Es lag im Randbezirk von Goroka und eine 20 minütige ruckelige Fahrt über eine staubige und ungeteerte Straße entfernt. Wir kamen an und uns erwarteten zunächst nur ein paar Stufen, die ins Grün führten.
Als wir bei unseren Vorbereitungen mit Kelly geschrieben hatten, hatte er uns bereits vorgewarnt, dass wir keinen Luxus erwarten dürfen, sondern vielmehr das „echte, primitive Leben“ teilen würden. Wir hatten uns darunter vage etwas vorgestellt, aber was es tatsächlich bedeutet wussten wir nicht. Wir sollten es herausfinden, denn ein paar Stufen weiter, öffnete Kelly die Tür zum Lagerhaus, wo sich auf der einen Seite Kartons und Bienenhäuser stapelten und auf der anderen Seite ein 90cm breites Bettgestell stand, mit einem Moskitonetz, Kissen und Decken. Gegenüberliegend fanden wir einen Tisch vor, auf dem zwei Herdplatten und ein bisschen Geschirr standen. Es gab Strom und eine Lampe im Zimmer, was schon mal recht gut war. Kelly ließ uns erstmal alleine und in Ruhe ankommen und das mussten wir auch. Wir musterten die Wände des Lagerhauses, einfache Strohmatten mit Löchern hier und da, die schon etwas in die Jahre gekommen waren. Wir schauten uns weiter um und fanden nichts, um Essen aufzubewahren, unsere Rücksäcke abzustellen und irgendwas einräumen zu können, dafür aber den Lehmofen, den unser Vorgänger hinterlassen hatte. Die Tatsache, dass die andere Hälfte der Hütte mit allerhand Utensilien zur Bienenzucht vollgestellt war, machte es auch nicht wirklich gemütlich. Aber Kelly war ehrlich gewesen und wir wussten im voraus, dass wir uns auf alles einstellen mussten. Irgendwie würden wir es uns hier schon gemütlich machen.
Wir schlossen also wieder die Türe hinter uns, um die Gegend zu erkunden. Kelly hatte in die unterschiedlichsten Richtungen gezeigt und uns grob erzählt, wo wir Toiletten und eine Dusche finden können, außerdem sollte es wohl irgendwo noch einen Wasserfall geben und einen Aussichtspunkt. Wir machten uns auf eine lange Erkundungstour, denn Kellys zuhause umfasst 3 Hektar im Dschungel, durch den sich viele schmale angelegte Wege schlängelten.
Schon nach den ersten Metern fanden wir uns im Paradies wieder. Wir entdeckten eine unheimliche Vielfalt an Pflanzen, Obst und Blumen, viele davon hatten wir noch nie zuvor gesehen und rochen den Duft vom Regenwald.
Wir hörten etwas entfernt bereits das Wasser plätschern und fanden den Weg zum Aussichtspunkt, wo wir das Gelände überblicken konnten und erstmal Pause machten, bevor es zum Wasserfall ging.
Wir fanden auf dem Rückweg auch die Toiletten, von denen Kelly berichtet hatten und was sollen wir sagen… auch damit würden wir uns arrangieren müssen.
Es war das einfache Leben von dem Kelly berichtet hatte und uns wurde bereits in den ersten 2 Stunden hier eines klar: hier ging es schlichtweg ums Überleben und sonst nichts. Man war froh, wenn man ein Stück Land besaß und das meiste für das tägliche Essen selbst anbauen konnte. Man war glücklich, wenn man ein Dach über dem Kopf hatte und eine Möglichkeit sich in der Nähe zu waschen.
Aber es gab noch mehr zu entdecken auf dem Gelände, denn Kelly hatte Tiere. Manche davon waren gekauft, andere lebten einfach hier. Auch Flughunde zogen Nachts von Baum zu Baum, von denen wir aber nur Schatten sahen und Flügelschläge hörten.
Als wir von unserer Erkundungstour zurück kehrten, fanden wir Kellys Mitarbeiter in der kleinen Werkstadt vor und begrüßten Doux, Mota und Oli, die einiges vor sich hatten. Es war wohl ein großer Auftrag reingekommen und sie arbeiteten gegen die Zeit. 3 Tage später sollten 75 Bienenkästen ausgeliefert werden und es gab noch allerhand zu tun. Als die 3 zum nahe gelegenen Markt liefen, nahmen sie uns mit und wir hatten nochmal die Möglichkeit ein bisschen etwas einzukaufen, denn wir hatten unsere erste Tüte mit Gemüse leider im Taxi liegen lassen.
Als wir über das staubige Sträßchen zurück Richtung Goroka liefen, lernten wir eines der wichtigsten Worte: „Awenun“ (wir sind uns nicht sicher, ob es tatsächlich so geschrieben wird und ob es überhaupt eine festgellte Schreibweise dafür gibt, aber es ist abgeleitet vom englischen „afternoon“ und die Begrüßung, die man sich mit einem Kopfnicken oder einem Händeschütteln zukommen lässt, wenn man sich begegnet). Wir übten es beim 20 minütigen Fußmarsch zum Markt so oft, dass wir es auf jeden Fall nicht mehr so schnell vergessen würden. Als wir die Gesprächsfetzen der vielen Menschen um uns herum aufschnappten, erkannten wir auch immer mehr, dass die Sprache wie ein sehr vereinfachtes Englisch klang und konnten hier und da ein paar Wortfetzen verstehen.
Auf dem Rückweg vom Markt erklärte uns Mota, der sehr gutes Englisch spricht, dass in PGN über 800 verschiedene Sprachen gesprochen werden und er meinte auch, wir sollen uns keine Gedanken machen, dass wir so angestarrt werden, die Menschen seien es einfach nicht gewohnt, dass „Weiße“ da sind und seien neugierig. Das zeigte auch die Reaktion eines kleinen Kindes, das bei unserem Anblick ganz große Augen machte, mit dem Finger auf uns zeigte und seiner Schwester „Schau mal eine weiße Frau und ein weißer Mann“ zurief, was uns Mota übersetzten musste. Wir schüttelten Hände, lächelten und wurden angelächelt, wir begrüßten viele Menschen und trafen auf dem Rückweg vom Markt auch auf die Frau und die Tochter von Kelly, die ebenfalls auf dem Weg zum Markt waren. Als wir zurück kamen, sprachen wir noch kurz mit Kelly, der uns noch ein bisschen mehr zum Großprojekt erzählte und warum sie aktuell alle so viel zu tun hatten und wir erfuhren endlich auch, was unsere Aufgabe für die nächsten 3 Wochen sein sollte: eine kurze Dokumentation der Arbeit zu machen, damit Kelly einen Film hatte, den er zu den unterschiedlichsten Anlässen zeigen konnte. Um Investoren auf sein Projekt aufmerksam zu machen, den Farmern zu zeigen, wie das mit den Bienen so aussieht und um seinen Mountain Honey bekannter zu machen. Damit waren wir mehr als einverstanden, denn wir konnten es kaum abwarten mehr zu seinem Projekt zu erfahren und hautnah dabei sein zu können.
Als wir zurück in unser Hüttchen kamen, war es bereits dunkel und auch sehr kalt geworden. Wir hatten keine Lust mehr, irgendwas zu kochen, öffneten stattdessen unser kleines Glas Erdnussbutter, schnitten uns ein paar Scheiben vom Brot ab, das wir aus Australien mitgebracht hatten und legten uns erneut völlig erschlagen von den vielen Eindrücken sehr früh ins Bett.
Was uns am nächsten Morgen und in den kommenden Tagen erwartete, wie wir völlig unverhofft in einem kleinen Bergdorf gelandet sind und wen wir alles getroffen haben, erfahrt ihr im nächsten Blogartikel.
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