Am kommenden Morgen wachten wir mit den ersten Hammerschlägen aus der Werkstadt auf, die nicht sehr weit von unserem Hüttchen entfernt war. Wir rieben uns die Augen, zogen uns schnell an und machten die Kamera ready. Jetzt ging‘s los.
Wir sahen, wie die Deckel für die Kisten gebaut und gestrichen wurden, die bei uns im Lagerraum standen und mit der aufgehenden Sonne die Bienen in den Bienenhäusern nebenan immer aktiver wurden.
Die ersten Stunden verbrachten wir damit, das geschäftige Treiben um uns herum einzufangen und als sich unsere Mägen meldeten gab es das restliche Brot mit Erdnussbutter zum Frühstück. Als wir wieder an der Werkstadt ankamen, war überraschender Besuch gekommen: ein kleines Team vom WWF, das mit Kelly in ein paar Wochen gemeinsam eine Reise unternehmen wollte, um das Potential für die Bienenzucht in einem abgelegen Gebiet zu erforschen. Wir landeten auf etlichen Bildern, die gemacht wurden und uns wurde angeboten, am Ende unseres Aufenthalts dem WWF einen Besuch abzustatten und ein paar Tage dort zu bleiben. Das war auf jeden Fall ein spannendes Angebot, das wir im Hinterkopf behalten wollten.
Nachdem die WWF-Crew gegangen war, kam aber bereits ein neues Angebot von Kelly: wenn wir Lust hätten, wäre es toll dabei zu sein, wenn die Bienen und das Equipment des aktuellen Großprojekts ausgeliefert werden. Dann hätten wir die Möglichkeit, so Kelly, den gesamten Prozess zu dokumentieren. Es wären wohl um die zwei Stunden Fahrt auf schlechten Straßen bis in die abgelegenen Bergdörfchen, wo die Bienen ein neues Zuhause finden sollten, wir würden wahrscheinlich hinten auf dem Truck mitfahren müssen, aber es sei sicherlich ein tolles Abenteuer. Nichtsahnend stimmten wir zu, denn natürlich fanden wir es spannend mit den Bienen auf die Reise zu gehen.
Den restlichen und auch kommenden Tag verbrachten wir damit, die Vorbereitungen zu dokumentieren. Wir konnten Kellys Frau Fanta dabei filmen, wie sie die Schutzhauben nähte, konnten mitverfolgen wie in der Werkstatt ordentlich Späne flogen und unterhielten uns immer wieder mal kurz mit Kelly um die Zusammenhänge des Projekts besser zu verstehen.
Wir waren auch dabei, als Oli, einer der Mitarbeiter von Kelly ein paar Bienenvölker in ihre neuen Boxen umzog. Dazu gab es ein bisschen Rauch, damit sie ein bisschen ruhiger wurden.
Am Nachmittag ging es mit Kellys ältester Tochter Fagume gemeinsam in die Stadt, um ein bisschen Essen einzukaufen. Grundsätzliches wie Reis und Nudeln, Salz, Pfeffer und Öl und eine Seife, um unsere Kleidung zu waschen, denn das wird hier von Hand in einer Waschschüssel gemacht. Fagume ist 20 und studiert Business und Management in der internationalen Schule in Goroka. Es war schön, Zeit mit ihr verbringen zu können und ein bisschen mehr über Land und Leute zu erfahren. Wir tauschten uns über Haare aus, denn Fagume fragte, ob wir unsere Haare gefärbt hätten oder ob das natürlich sei, während wir wissen wollten, warum alle Frauen und Männer so kurze Haare hätten. Sie erklärte uns, dass die krausen Haare einfach nach oben wachsen und dass das nicht schön sei, darum habe sie ganz kurze Haare und sich schwarze Haar-Wolle reingeflochten für eine schöne Frisur. Wir hatten aber nicht nur jemanden dabei, mit dem wir uns austauschen konnten, sondern der sich im bunten Treiben der Stadt zielsicher bewegte und wusste, was es wo zu kaufen gab. In Goroka gibt es einen großen Supermarkt, der neben ein paar kleinen anderen Supermärkten von einem Chinesen geführt wird, der aber viel zu teuer sei, meinte Fagume. Stattdessen bekamen wir das meiste in einem kleineren Supermarkt, der wohl einem Indonesier gehörte. Mit der Grundversorgung für die nächsten Tage ausgestattet, ging es erst mit dem Bus und dann zu Fuß zurück. Als wir angekommen sind, nahm Fagume Sabrina mit in den Garten und zeigte ihr den Knoblauch, die Frühlingszwiebeln, Lemongras, Ingwer und Mais, den sie selber anbauten und von dem wir uns zusätzlich bedienen durften.
Was uns Fagume auch zeigte, war die Dusche, die wir bisher noch nicht gefunden hatten und so nahmen wir unsere erste Dusche im Dschungel, was ebenfalls aufregend war. Im Nachbargrundstück war nämlich gerade ein Boxtraining zugange und das Gelände war etwas höher gelegen als die Dusche, weshalb man vom ein oder anderen Winkel aus freien Blick in die Dusche hatte. Auch hier waren die Wände aus Strohmatten durchsät mit Löchern und man musste sich mit dem Gedanken anfreunden, dass man eben mehr oder weniger auf dem Präsentierteller duschte.
Wir wollten das einfache Leben leben und begriffen zum ersten Mal bei vielen ganz alltäglichen Dingen, was das bedeutete und vor welche Herausforderungen es uns stellte. Dieses Leben war sicherlich fernab unserer Komfortzone und wir mussten, was die Hygiene betrifft, oftmals die Augen zukneifen, weil die Umstände auf den Toiletten, beim Duschen, beim Kochen, beim Spülen und beim Schlafen, weit unter unseren gewohnten Standards lagen. So lagen wir abends im Bett und unterhielten uns über das Leben hier, während in der Werkstatt nebenan das Licht für die kommende Nacht an bleiben sollte, denn die 500 Rahmen mit Waben, die für den kommenden Tag fertig werden mussten, würden die ganze Nacht brauchen. Tom hatte Nachmittags bereits mitgeholfen ein paar Löcher für die Drähte an die richtige Stelle zu bohren, denn die gelieferten Rahmen waren zu allem Zeitdruck auch noch mit der falschen Bohrung gekommen.
Wir schliefen mit dem Hämmern ein und wachten nach einer sehr kurzen Nacht mit dem Klopfen an unsere Tür wieder auf, stiegen verschlafen aus dem Bett und fanden heraus, dass die Truppe, die vorbei kam, um die Großlieferung abzuholen und in die Dörfer zu transportieren bereits in Goroka war und bald eintreffen würde. Das war auf jeden Fall neu für uns, dass Dinge in PNG auch mal früher passieren als erwartet. Wir halfen noch völlig verschlafen, die Boxen aus unserem Lagerhaus zur Werkstatt zu tragen.
Danach machten wir uns erstmal einen starken Goroka Kaffee, den wir am Tag zuvor eingekauft hatten. Dann ging die Reise los und wenn ihr mitreisen wollt, geht’s hier weiter.
Comments