Am zweiten Tag waren die Bindfäden am Himmel verschwunden und die Sonne kam hin und wieder zwischen den Wolken durch. Perfektes Wetter für ein „Umu“, ein traditionell samoanisch zubereitetes Essen. Wir waren früh wach, denn wir wollten nicht verpassen, wie die samoanische Familie, die mit auf dem Grundstück wohnte, alles vorbereitete. Es wurden in einer Schubkarre Steine und Holz her geschafft, auf dem Boden Bananenblätter ausgebreitet und Kokosnüsse aufgestapelt. Wir schauten neugierig zu und ließen uns erklären, dass Umu normalerweise an Sonn- und Feiertagen zubereitet wird. Dann, wenn die ganze Familie zusammenkommt und gemeinsam alles zubereitet, ums Feuer sitzt und sich unterhält. Es ist wohl auch ein Brauch, dass eine neue Frau, die der Familie bekannt gemacht wird beim ersten Treffen das Umu ganz alleine vorbereiten muss. Die Frauen in der Familie, also die Mutter und die Schwestern des Mannes, der die Dame vorstellt, lassen sich für einen Tag bedienen und inspizieren genaustens, wie sich die Zukünftige dabei so anstellt.
Wir können uns vorstellen, dass das keine leichte Aufgabe ist, denn als wir selbst die Ärmel hoch gekrempelt haben, um mit zu helfen, war das alles gar nicht mehr so einfach und schnell, wie es bei der samoanischen Familie aussah.
Sabrina half dabei, die Spitzen der Taro-Blätter abzureißen und die Taro-Knolle zu schälen. Das wird übrigens nicht mit einem Schäler gemacht, sondern mit einem abgezwickten Stück Dose. Man musste zwar etwas aufpassen, weil es unheimlich scharf war, es klappte aber einwandfrei, wenn auch nur mit sehr viel Kraft.
Gemeinsam durften wir uns auch ans Ausraspeln der Kokosnüsse machen, nachdem wir erstmal jede der Kokosnüsse leer getrunken haben. Hihi.
Als das Feuer loderte, wurden die Steine drauf gepackt und während diese ordentlich aufheizten, wurde aus den Koksraspeln eine Creme ausgepresst. Gemeinsam mit Zwiebeln und etwas scharfer Paprika landete die anschließend in den Taroblättern. Die Blätter wurden dabei zuerst aufeinandergelegt und dann mit Hilfe der Finger in der Handfläche trichterförmig gebogen. Dort wurde dann die Kokoscreme reingefüllt. Anschließend wurden die Blätter oben zugehalten und alles zuerst ein Bananenblatt gewickelt und zum Abschluss nochmal in ein Blatt vom Brotfruchtbaum, mit dessen Stiel man das kleine grüne Päckchen schließen konnte.
Dazu wurde noch Fisch vorbereitet, den Phurpa besorgt hatte und Hühnchen, das die Familie beisteuerte und im Anschluss fand alles seinen Platz auf den Steinen und wurde sorgfältig mit jede Menge Bananenblätter abgedeckt. Während man nun geduldig 45 Minuten warten musste, bekamen wir schon mal einen kleinen Vorgeschmack:
Eine Kokosnusshälfte hatte nämlich davor schon einige Zeit auf den heißen Steinen verbracht und war jetzt fertig zum Essen. Die Raspeln wurden mit einem Messer von der harten Schale gelöst, in Häppchen zerteilt und gesalzen.
Salz auf eine Kokosnuss zu packen kam uns erst mal etwas merkwürdig vor, aber es schmeckte himmlisch und sollte auf jeden Fall probiert werden, sobald die Grillsaison in Deutschland wieder startet. Es ist ein kleines bisschen so, als würde man gesalzenes Kokos-Popkorn essen. Wir langten immer und immer wieder zu, bis wir einen bösen Blick von Popa, der Mutter der Familie ernteten. Sie kam aber gleich mit dem Satz hinterher, dass wir ja Platz im Magen für’s Umu lassen, dass sei schließlich die eigentliche Mahlzeit. Wir mussten grinsen, denn es war ein bisschen so als wenn unsere Mütter als wir klein waren uns das Naschen verboten, damit wir nicht satt sind, bevor es Essen gibt.
Apropos Mütter und Kinder, da ist uns während der Vorbereitungen auch noch etwas aufgefallen: die Kinder wurden ziemlich eingespannt. Sie rannten zwischen Haus und Grillstelle hin und her, holten, was ihnen aufgetragen wurde, schälten Taro und halfen beim Tragen und Feuer machen: ohne einmal zu Murren. Das ist die Art, wie Kinder hier auf Samoa lernen. Man erklärt ihnen die Dinge nicht theoretisch, sondern bezieht sie von klein auf in die Prozesse und das Tagesgeschehen mit ein und wir sind uns sicher, dass hier jedes kleine Kind weiß, wie man Umu zubereitet und noch so vieles mehr.
Nun aber zurück zum Essen, denn das war langsam fertig und wurde mit einer selbstgemachten Zange aus einem Bambusstab von den Steinen geholt und auf Teller gepackt. Die Stapelei hörte gar nicht mehr auf und unter Protest, der nichts half, wurden uns Teller mit Essen in die Hände gedrückt, das uns bestimmt für weitere zwei Tage reichte. Noch so etwas in Samoa: Essen ist hier unglaublich wichtig und die Bevölkerung recht stämmig. Aber beleibter und kräftig zu sein, ist ein Schönheitsideal auf Samoa, das sowohl für Frauen, als auch für Männer gilt. Der schlanke Phurpa und seine Frau Choki, mit ihrem zierlichen asiatischen Körperbau, grinsten uns wissend an und nach einem kurzen Austausch darüber, dass die Samoaner uns für zu schmal und schwach halten, verschwanden wir mit unserem Berg Essen in unserer Wohnung, damit wir es nicht mit den Fliegen draußen teilen mussten.
Wir packten langsam nach und nach die duftenden Paketchen aus. Zuerst schälten wir die Blätter auseinander und fanden die Taroblätter, die nun aussahen wie Spinat und sich mit der Kokoscreme vermischt hatten. Es schmeckte unglaublich lecker. Auch der frische Fisch und das Hühnchen waren perfekt gegarrt und gewürzt. Die Taro konnte man wie Brotscheiben schneiden und sie erinnerte auch geschmacklich etwas an Brot, das fanden wir sehr witzig. Zum Abschluss hatte wir noch einen Probierlöffel von dem, was Phurpa und Choki gezaubert hatten. Sie hatten die leeren Kokosschalen genutzt und Gemüse aus dem eigenen Garten reingeschnippelt und mit Kokoscreme aufgefüllt. Das war ebenfalls unglaublich lecker aber uns platzte der Magen.
Wir verräumten also alles, was wir nicht essen konnten in den Kühlschrank, fütterten die Hunde mit den Gräten und Knochen und drehten eine Runde mit Phurpa und Choki durch ihren Garten. Der Probierlöffel hatte uns neugierig gemacht und wir wollten wissen, was man in Samoa so alles anpflanzen kann.
Der kleine Garten der beiden war wirklich toll. Wir erkannten sofort die viele Reihen mit Karotten und die Kürbisse und dank des Umus auch die Taro-Blätter. Ebenfalls leicht zu erkennen waren die scharfen kleinen Paprika. Dazu gab es noch eine Art Riesenbohne, die sie anbauten, Pak Choi, Chokee, das wir aus Australien kannten, ein Guavenbäumchen, Bananen und bestimmt noch vieles mehr, das wir uns nicht merken konnten. Da in Samoa das ganze Jahr ein tropisches Klima herrscht, ist es wohl nicht allzu schwierig hier sein Gemüse selbst anzubauen. „Man schmeißt einen Samen hin und schon wächst es einfach“ meinte Phurpa und dass sie sich mittlerweile ganz gut mit dem Obst und Gemüse aus dem Garten ernähren können. Nur auf dem Markt verkaufen würde nicht funktionieren, weil die Samoaner*innen auf großes Obst und Gemüse stehen. Die Riesenbohne müsse wohl auch riesig sein und die Karotten schön gerade und dick, so hätten es die Samoaner*innen am liebsten. Wir schmunzelten ein bisschen, als wir nach der kleinen Führung wieder in unseren Bungalow zurück liefen. Das war schon eine herrliche Mischung, das zierliche Pärchen aus Butan inmitten der stämmigen Samoanern.
Wir hatten einen wundervollen Tag und freuten uns schon auf den kommenden, denn wir hatten uns bei Phurpa ein Auto gemietet und wollten endlich mal losziehen und uns die Insel anschauen.
Im kommenden Beitrag nehmen wir euch natürlich mit und zeigen euch, warum Tom morgens noch nicht mal für einen Kaffee anhalten durfte.
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