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AutorenbildSabrina & Tom

#77 Kanake heißt Mensch

Wir haben euch mit zu schönen Stränden genommen und euch von unseren Erlebnissen erzählt – was wir bisher aber nicht beschrieben haben, ist die Kultur, die auf den Inseln zu finden ist. Die Ureinwohner mit größtenteils malinesischen Wurzeln (so wie die Papua Neuginer auch) machen 40% der Bevölkerung aus und nennen sich selbst Kanaken. Wir wissen nicht wie es euch dabei geht, aber wenn wir dieses Wort in den Mund nehmen, oder schreiben, haben wir ein sehr seltsames Gefühl dabei. Wir kennen es aus dem deutschen Sprachraum als abwertende Bezeichnung für Ausländer und hatten uns nie darüber Gedanken gemacht, woher es eigentlich stammt. Daher traf es uns sehr überraschend, es hier zu hören. Übersetzt heißt es einfach nur „Mensch“ und die Ureinwohner, die überwiegend in den abgelegenen Teilen von Neukaledonien wohnen, bezeichnen sich selbst als dieser Gruppe zugehörig. Bis auf die traditionellen Hütten, wie wir sie auch bei Annette auf dem Grundstück gefunden hatten und den Holzpfählen mit Totems und Blumen im Haar, haben wir nichts von der ursprünglichen Kultur selbst erlebt.

Wir haben aber einiges darüber gehört, das aber ausschließlich aus französischer Perspektive. Wir hatten auf unseren Ausflügen immer wieder eine schöne bunte Flagge gesehen, die stolz in den Gärten der Ureinwohner präsentiert wurde und uns gefragt, was denn nun die offizielle Flagge von Neukaledonien sei.

Mit unserer Frage, entfachten wir sehr emotionale Reaktionen und Diskussionen und eines war sofort klar: die französische Flagge, sonst keine. Neukaledonien hat einen Sonderstatus und gehört zwar zu Frankreich aber mit fortlaufenden Referenden, in denen über eine Unabhängigkeit Neukaledoniens abgestimmt wird. Die Mehrheit der Kanaken spricht sich wohl mittlerweile dafür aus, ohne aber zukünftig auf die finanziellen Hilfsmittel aus Frankreich verzichten zu wollen. Denn ohne diese Finanzspritzen würde es wohl heute weder geteerte Straßen, ein kostenloses Bildungssystem, Krankenhäuser und Elektrizität selbst in den abgelegeneren Teilen des Inselstaates geben. „Wer Unabhängigkeit will, muss auch unabhängig sein können“, so zumindest sieht das der französische Teil der Einwohner, die bereits selbst in der 3. oder 4. Generation auf der Insel leben und weiter „die Kanaken haben einen sehr lässigen Lebensstil, kennen keine harte Arbeit aber wollen immer mehr. Wenn der Nachbar einen großen Fernseher hat, wollen sie einen noch größeren haben. Wenn der Nachbar ein dickes Auto fährt, wollen sie das auch. Sie verstehen aber nicht, dass man für solche Luxusgüter arbeiten muss und es einem nicht einfach geschenkt wird.“ Wir verstehen diese Perspektive, denn wenn man das Leben hier betrachtet, beschweren sich die Ureinwohner hier auf einem sehr hohen Niveau. Vergleicht man die Lebensumstände in Neukaledonien mit denen der umliegenden unabhängigen Inselstaaten, wie Vanuatu oder eben auch dem unabhängigen Papua Neuguinea, ist das Leben hier sicherlich bereits Luxus.


Eines darf man bei dieser Perspektive aber nicht vergessen: Auf die Idee von Luxus kamen die Ureinwohner nicht von selbst. Diese Lebensweise wurde ihnen von der westlichen Kultur vorgelebt und begann mit Thomas Cook, dem Franzosen Joseph Bruny, mit den zahlreichen Missionaren, die ihnen folgten und schließlich mit Napoleon, der die Inselgruppe am 24. September 1853 in französischen Besitz nahm. 1863 wurde das Nickelerz gefunden und seitdem im großen Stil abgebaut. Während des zweiten Weltkriegs war Nouméa das Hauptquartier der amerikanischen Streitkräfte im Pazifik. Die Kanaken wehrten sich immerzu gegen die Besetzung ihres Landes, doch die Revolten wurden niedergeschlagen und hatten Enteignung und Deportation zur Folge. Sie verloren ihr Land und wurden ins Landesinnere verdrängt.

Diese 3 süßen Mädels haben wir auf Lifou kennen gelernt.

Man könnte noch ein eine Weile damit fortfahren, zu beschreiben, wie es den Ureinwohnern mit den neuen Siedlern so erging, aber es ist wahrscheinlich genug, um zu verstehen, dass diese Menschen glauben, dass man ihnen für diese Geschichte immer noch etwas schuldig ist. Und es ist wahrscheinlich auch genug, um zu verstehen, dass man dem ein oder anderen der westlichen Bevölkerung, in welcher Generation auch immer, nicht sehr wohlgesonnen ist. Man könnte schon fast sagen, dass wir als Deutsche auf den Inseln willkommener sind als all die französischen Touristen, die es neben vereinzelten Japanern und zunehmend auch mehr Chinesen gibt.

Wie im Blogartikel zu Ouvea bereits erwähnt, gehört jedes Fleckchen Erde den Ureinwohnern und es wird von Generation zu Generation weitervererbt. Mit einer möglichen Unabhängigkeit von Neukaledonien werden auch Befürchtungen laut, dass diese Tradition kaputt gehen könnte. Während aktuell kein Stückchen Land verkauft wird, könnte es in Zukunft zur Einnahmequelle werden, wenn die finanzielle Unterstützung Frankreichs nicht mehr gewährleistet ist. Es wird befürchtet, dass ähnlich wie in Vanuatu, Ländereien an Chinesen verkauft werden, die Luxushotels errichten und die Umwelt zerstören.

Blumenkränze aus Bananenblatt und der Frangipanier Blüte

Ein weiteres Problem stellt wohl der Alkohol auf den Inseln dar, das uns auch aus Papua Neuguinea bekannt ist. Die Ureinwohner kennen keine Grenzen und trinken bis zum letzten Schluck bzw. dem letzten Geld in der Tasche. Größtenteils werden sie wohl sehr aggressiv und leichtsinnig, fahren Auto und verursachen viele Unfälle dadurch. Wann immer die Kanaken Geld haben, wird es ausgegeben und Sparen scheint ihnen ein Fremdwort zu sein. Sie leben von einem Tag in den anderen und nehmen das Leben so, wie es kommt. Es ist also das genaue Gegenteil dessen, wie wir unser Leben führen und trifft daher auf absolutes Unverständnis bei der französischen Bevölkerung. Doch auch hier muss man zurück schauen, um zu verstehen, dass auf den Inseln ein durchgängig tropisches Klima herrscht und damit Nahrung ganzjährig vorhanden ist. Während wir uns also bereits im Sommer auf die Wintermonate vorbereiten mussten, war dies in Neukaledonien nie ein Thema. Natürlich gab es auch hier ab und an mal Ernteausfälle aufgrund von beispielsweise starken Stürmen, dennoch war Vorsorge treffen und Aufsparen eigentlich nicht notwendig und daher wurde es auch nie gelernt.


Abschließend können wir nur sagen, dass wir beide Seiten verstehen können und hoffen, dass sich die Fronten auf diesem paradiesischem Fleckchen Erde und Wasser nicht zu sehr verhärten. Das bisschen Kultur, das die Kanaken noch pflegen, wie die eigenen Sprachen, die in den Stämmen gesprochen wird, ist mittlerweile zumindest Teil der Schulbildung und es wird dafür gesorgt, dass es nicht in Vergessenheit gerät.


Wir verlassen die malinesische Kultur, mit ein paar Eindrücken aus Nouméa, der Hauptstadt von Neukaledonien. Es war ganz schön windig und wir konnten die Wind- und Kitesurfer dabei beobachten, wir sie mit einer rasenden Geschwindigkeit hinaus auf's offene Meer schossen. Das hatte uns ganz schön beeindruckt.

Für uns wird es Zeit, die Polynesier kennen zu lernen und nach Samoa aufzubrechen. Mit diesem Inselstaat erreichen wir den am weitesten entfernten Ort unserer Reise zu Deutschland. Wir sind schon unheimlich gespannt was uns erwartet und freuen uns darauf, unsere ersten Eindrücke und Erlebnisse im kommenden Blogbeitrag mit euch zu teilen, davor aber noch ein letzter schöner Sonnenuntergang.


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