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AutorenbildSabrina & Tom

#94 Alles surreal in Xilitla

Immer höher und höher schlängelte sich der Bus auf den Serpentinenstraßen. Die Sonne war hell und knallte auf eine karge Steinlandschaft wo sich immer mal wieder meterhohe Kakteen in den Himmel streckten. Wir konzentrierten uns auf die tolle Aussicht auf Bergspitzen und Täler, während wir die Tatsache ignorierten, dass uns weder Leitblanken noch Sonstiges vom steilen Abgrund neben uns trennten.


Mit der Zeit veränderte sich die Landschaft immer mehr und das Karge wurde zu einem schönen Wald mit viel Grün und Gelb. Danach versanken wir im Nebel und als er sich langsam wieder lichtete, erkannten wir den Dschungel, der hier und da von Bananenbäumen gesäumt war. Wirklich krass, wie sich die Landschaft und die Kilmazonen auf den gut 8 Stunden Busfahrt verändert hatten.


Es wurde Abend und wir waren in Xilitla angekommen. Das Dörfchen hatte eine überschaubare Größe und war ganz nett in den Berg rein gebaut. Es hingen dicke Wolken am Himmel, es nieselte und es war kalt. Was wir hier wollten? Für diese Antwort müsst ihr euch noch ein bisschen gedulden. Erstmal holte uns unser Airbnb Host Antonio von der Bushaltestelle ab, ein älterer lebensfroher Herr mit vielen Lachfalten im Gesicht. Er weigerte sich, uns unsere Taschen selbst tragen zu lassen und nahm kurzerhand Toms Tasche auf die Schulter, die von allen wahrscheinlich am schwersten war, weil hier auf Busfahrten immer die ganze Technik mitreist, die wir bei uns im Fußraum verstauen. Wir folgten ihm etliche Stufen und Gässchen durch Xilitla, bekamen erklärt, wo man gut essen kann und wo es wie in welche Richtung geht. Eine wirklich außergewöhnliche Gastfreundschaft.


Unsere Wohnung lag im zweiten Stock seines Hauses, mit einem großen Balkon, von wo aus man etwas über die Stadt schauen konnte. Der Garten war üppig bewachsen und wir konnten viele bunte Vögel beobachten, die sich über die Bananen und Beeren freuten.

Antonio stand noch eine Weile mit uns auf dem Balkon und erzählte uns ein bisschen was zu den Vögeln, deren Namen wir uns leider nicht merken konnten. Er sprach ganz gut Englisch, was es für uns viel leichter machte und uns die Möglichkeit gab, ihn ein paar Dinge zu fragen.

Xilitla liegt in einer der regenreichsten Regionen des Landes, aber für unser Vorhaben, wollten wir keinen Regen und auch keinen bewölkten Himmel, sondern puren Sonnenschein haben. Der Tag darauf versprach genau das und so fragten wir Antonio wie wir am besten hin und zurück kommen und ab wann dort geöffnet ist. Nachdem wir alles Nötige wussten, spazierten wir nochmal in die Stadt, um etwas Abend zu essen und fanden einen süßen kleinen Laden, wo es Tortas gab (belegte Brötchen aller Art), unser Lieblingsessen in Mexiko.

Die Damen waren nett und lustig und wir konnten uns mit ein paar Brocken Spanisch unterhalten. Wir hatten sie nämlich gefragt, was „Gringas“ seien, denn wir kannten „Gringos“ nur als die Bezeichnung der Mexikaner für große weiße Touristen (insbesondere Amerikaner). Als sie uns den besonders großen weißen Weizentortilla zeigte und ihn zusammenwickelte, war uns dann auch klar, woher der Name stammte. Ne, da blieben wir bei den Tortas und unserem Lieblingsgetränk Horchata. Anschließend ging es früh ins Bett, wir zogen uns die Bettdecken bis zur Nasenspitze und wünschten uns sehnlichst eine Heizung herbei. Wenn sich das mal nicht lohnte!


Am kommenden Morgen standen wir früh auf und just in dem Moment, als wir die Wohnung verlassen wollten, um irgendwo etwas zum Frühstück zu finden, kam Antonio mit zwei Tassen und einer Kanne Kaffee auf den Balkon. Als wir uns hinsetzten und den wirklich leckeren Kaffee schlürften, drehte Antonio noch eine Runde und tauchte erneut mit leckerem Gebäck auf. Wir konnten uns gar nicht mehr daran erinnern, dass das Frühstück inklusive war. Wir frühstückten gemeinsam mit ihm, quatschten noch ein bisschen und schauten in den Himmel. Die Wolken lockerten auf, es waren blaue Streifen zu erkennen und es versprach ein sonniger Tag zu werden, was auch Antonio meinte. Es war also Zeit aufzubrechen, wollten wir pünktlich da sein wenn es aufmacht. Eine kurze Taxifahrt später war es dann soweit. Wir standen am Eingang des Surrealistischen Garten „Las Pozas“ von Edward James. Multimilionär, Exzentriker, Kunstsammler – so lässt sich der Brite ganz gut in 3 Worten zusammenfassen. Von Salvador Dalí wurde er übrigens als „verrückter als alle Surrealisten zusammen“ bezeichnet. Um allerdings zu beschreiben, was er hier mitten in den Bergen erschaffen hat, fehlen uns die Worte, denn es hat uns echt umgehauen.

Über Jahre hinweg wurden hier hunderte Mexikaner beschäftigt um sein Lebensprojekt umzusetzen: seine Interpretation des „Garten Eden“ in dem er wohnen wollte. Für die Finanzierung verkaufte er einige Bestände seiner Kunstsammlung und so entstand ein 20 Hektar großer Garten, teilweise angelegt, teilweise wild bewachsen. James verstarb bei einem Urlaub in Italien und wenige Jahre später wurden die Tore zum „Las Pozas“ im Huastecan Dschungel für den Tourismus geöffnet.

Da wir früh morgens da waren und es unter der Woche war, begegneten wir nicht oft anderen und konnten den Park so gut wie alleine entdecken. Schmale Wege schlängelten sich durch die Wildnis und hier und da sah man Skulpturen aus der Natur ragen. Es ist wie ein großes Labyrinth, die Skulpturen erinnern an Wolkenkratzer im Großstadtdschungel.

Man taucht in eine fantastische Welt, die irgendwo an die Realität grenzt. Die Treppen der Skulpturen verlaufen ins Nichts, man erkennt florale Elemente in den Bögen und Säulen.

Neben der vielen Skulpturen, spielt das Wasser eine zentrale Rolle. Ein Fluss, der natürlich über das Grundstück verläuft, wurde hier und da angelegt. Das Wasser sammelt sich in etlichen Terrassen und das Plätschern ist beinahe überall im Garten zu hören. Unsere Lieblingsplätze waren dort, wo Fluss, Pflanzen und Skulpturen zusammen kommen. Wirklich magisch.

Wir drehten noch eine zweite Runde durch den Park und achteten dieses Mal noch mehr auf Details, Formen und Pflanzen. Es gab einfach so viel zu sehen und man konnte eigentlich den ganzen Tag hier verbringen.

Nach ein paar Stunden und erst, als wir sicher waren, nichts ausgelassen zu haben, verließen wir den Park wieder. Während wir die staubige Straße entlang schlenderten, um auf der Hauptstraße ein Taxi zu bekommen, quatschten wir noch etwas über diesen merkwürdig wunderschönen Ort und waren uns einig, dass sich die Strapazen der langen Busfahrt hierher mehr als gelohnt hatten. Da die Sonne so schön scheinte und uns wärmte, beschlossen wir, uns vom Taxifahrer am zentralen Platz in Xilitla abladen zu lassen und uns das Dörfchen noch etwas anzuschauen. Klein, gemütlich und ruhig war es hier.

Gegen Abend gingen wir noch ganz landesuntypisch Essen, denn eines der ersten Restaurants, das uns Antonio empfohlen hatte, war der einzige Italiener in der Stadt. Er meinte, dass wohl vor einem halbem Jahr schon mal ein deutsches Pärchen bei ihm untergekommen sei und sie ihn nach Alternativen zu mexikanischem Essen gefragt hätten und den Italiener wohl sehr gut fanden. Wir vertrauten auf die Meinung unserer Landsleute (und Leidensgenossen) und fanden uns in einem sehr kalten Restaurant wieder. Die Sonne war untergegangen und es war so frisch geworden, dass wir alles anhatten, was es so im Rucksack gab. Sogar die Regenjacken hatten wir übergezogen. Genauso saßen wir dann auch im Restaurant und wollten uns von keiner der vielen Schichten trennen. Antonio und das Pärchen sollten übrigens recht behalten. Auch wenn es uns etwas traurig stimmte, dass es keine Pizza gab (was war das denn für ein Italiener?), so konnten wir doch sehr leckere Pasta schlemmen und uns einen Sangria dazu gönnen. Voll und glücklich ging es zurück zur Unterkunft, wo wir den kommenden Tag mit der weiteren Reiseplanung verbrachten. Es war erneut grau und kalt und gab keinen Grund, das Zimmer zu verlassen – außer, um was zu Essen zu besorgen.


An unserem nächsten Ziel, sind wir wieder nur kurz geblieben und es ging ab in einen Nationalpark und wundervolle Natur. Aber erstmal saßen wir ganz allein in einem riesigen Bus und hatten etwas Probleme damit, unsere Unterkunft zu finden und eine Möglichkeit, in den Nationalpark zu kommen. Im nächsten Artikel erzählen wir mehr und nehmen euch gerne mit.

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